Patellaluxation ("Kniescheibenverrenkung")

Zusammenfassung

Die Patellaluxation ist eine Erkrankung, die in den meisten Fällen durch eine leichte Fehlstellung des Ober- und Unterschenkels hervorgerufen wird. Sehr selten kann sie auch nach einem Unfall auftreten. Mehrere Rassen haben eine Veranlagung zur Patellaluxation, bei einigen davon muss vor der Zuchtzulassung eine Untersuchung auf Patellaluxation durch einen zertifizierten Untersucher durchgeführt werden.

Weitere Informationen

Die Streckung des Kniegelenkes wird durch große Muskeln erreicht, die an Oberschenkel- und Beckenknochen entspringen. Die Muskeln verlaufen an der Vorderseite des Oberschenkels und treffen sich direkt oberhalb des Kniegelenkes in einer gemeinsamen Sehne („gerades Kniescheibenband“, „Patellarsehne“). Dieses Band zieht vorne über das Kniegelenk zum Unterschenkel, wo es direkt unterhalb des Kniegelenkes ansetzt. In das Band eingelagert liegt die Kniescheibe. Dieser Knochen verläuft in einer Rinne des Kniegelenkes und sorgt für einen reibungslosen Verlauf der Streck- und Beugebewegungen. Verlässt die Kniescheibe die mittige Position in der hierfür vorgesehenen Rinne (Patellaluxation), funktioniert der Streckmechanismus nicht mehr richtig.
Bei von Patellaluxation betroffenen Tieren sind die Knochen von Unter- und Oberschenkel so geformt, dass das gerade Kniescheibenband und damit auch die Kniescheibe nicht mittig über der für die Kniescheibe vorgesehenen Rinne verlaufen.
Die Kniescheibe kann nach innen oder außen aus der Rinne „springen“ (=luxieren, verrenken). Die Luxation nach innen ist dabei deutlich häufiger anzutreffen. Je nachdem wie stark die Verformung ist, aber auch abhängig von der Spannung der umliegenden Weichteilstrukturen, kann die Verrenkung der Kniescheibe unterschiedlich stark sein. In manchen Fällen tritt die Luxation nur hin und wieder auf. Manchmal ist sie sogar nur ein Zufallsbefund bei der Untersuchung durch einen Tierarzt. In anderen, extremen, Fällen liegt die Kniescheibe permanent außerhalb der Rinne und ist auch durch den Untersucher mit den Händen nicht wieder hinein zu verlagern. Je nach Aus- und Einrenkbarkeit der Kniescheibe werden daher vier Grade einer Patellaluxation unterschieden.
Das Herausspringen der Kniescheibe ist meistens mit einer sehr typischen Lahmheit verbunden: Das Tier läuft ganz normal, plötzlich setzt es für 1-2 Schritte das betroffene Bein nicht ein, um danach wieder unauffällig weiter zu laufen.
Patienten, die aufgrund ihrer Kniescheibenverrenkung Symptome zeigen, sollten operiert werden. Weder Schmerzmedikamente noch Krankengymnastik sind dazu geeignet, eine luxierende Kniescheibe dauerhaft in Position zu bringen. Durch das ständige hinein- und herausspringen kommt es aber mit der Zeit zu einer zunehmenden Zerstörung bzw. Arthrose des Kniegelenkes. Daher sollte die Operation so früh wie möglich erfolgen.
Bei der Operation werden in der Regel drei Korrekturen vorgenommen:

1. Die Rinne, in der die Kniescheibe verlaufen soll, ist bei den meisten Patienten sehr flach ausgebildet. Sie wird bei der Operation vertieft.
2. Der Ansatz des geraden Kniescheibenbandes am Unterschenkel wird in die der Luxation entgegengesetzten Richtung verlagert, um die Tendenz zum Ausrenken zu reduzieren.
3. Die Weichteilstrukturen (Gelenkkapsel, Bindegewebe) auf der Gegenseite der Luxation sind bei den meisten Patienten „ausgeleiert“. Sie werden während der Operation gestrafft.
In einigen Fällen sind auch andere Korrekturen notwendig.

Bei den meisten Patienten ist die Operation langfristig erfolgreich. Es kommt zwar immer wieder vor, dass Tiere auch nach der Operation noch eine Patellaluxation haben, diese ist vom Grad her aber meist deutlich geringer ausgeprägt und stellt für den Patienten nur selten ein größeres Problem dar. Wie bei jeder Operation gibt es auch hier Ausnahmen, bei denen die Operation nicht zu einer Verbesserung der Situation führt. Diese Fälle sind zum Glück selten.

Hin und wieder gibt es auch Tiere, die zwar den typischen Gang eines Hundes mit Patellaluxation zeigen, diese aber nicht haben. Insbesondere Jack Russel Terrier sind häufiger davon betroffen. Man weiß zum aktuellen Zeitpunkt nicht, woher diese Gangveränderung kommt. Eine Operation ist bei solchen Patienten nicht erfolgsversprechend.
In sehr seltenen Fällen kommt es vor, dass ein Patient nach der Operation seinen Patellaluxationstypischen Gang behält, obwohl eine Luxation nicht mehr auslösbar ist. Auch hier weiß man derzeit nicht, wie solchen Tieren zu helfen ist. Diese Fälle sind jedoch selten.

Die Operation der Patellaluxation ist also eine sehr erfolgsversprechende Therapie, die den meisten betroffenen Tieren eine erhebliche Erleichterung verschafft.

Abbildungen

Roe

1. Röntgenaufnahme des Kniegelenkes eines Hundes, Kniescheibe in Position. Die Kniescheibe (Patella) liegt mittig im Bereich der Oberschenkelrolle.

2. Kniegelenk mit Patellaluxation. Die Kniescheibe liegt auf der Innenseite des Oberschenkels.

3. Gleiches Kniegelenk nach der Operation. Der Ansatz des geraden Kniescheibenbandes wurde versetzt und die Gleitrinne der Patella vertieft. Die Kniescheibe sitzt auf der Aufnahme in ihrer normalen Position.

Op

4. Operationsbild eines Hundes mit Patellaluxation. Die Gleitrolle am unteren Ende des Oberschenkels weist keine Rinne auf, in der die Patella verlaufen könnte.

5. Operationsbild des Hundes, nachdem eine Rinne geschaffen wurde. In Kombination mit anderen Techniken (Versetzen des Ansatzes des geraden Kniescheibenbandes, Weichteilstraffung) sind die Voraussetzungen für einen korrekten Sitz der Kniescheibe gegeben.